Kampagne gegen Partnerschaftsgewalt
Kinder, die Gewalt zwischen ihren Eltern oder Bezugspersonen erleben, können diese Erfahrung nicht alleine bewältigen. Auch wenn sie selbst nicht physisch betroffen sind, leiden sie psychisch unter der Gewalt der Erwachsenen. Um diesen Aspekt bekannter zu machen, beauftragt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren 2021 die großartige Illustratorin Rosa Linke und visuell starke Plakate zu entwickeln.
Für Betroffene gibt es viele Gründe, die Gewalt ihres Partners, ihrer Partnerin auszuhalten: ein Grund sind oft die Kinder. Viele denken, für sie müsste man die Situation aushalten. Erwachsene hoffen, dass ihre Kinder noch zu klein sind, um zu spüren, dass in ihrer Welt etwas nicht stimmt. Sie gehen davon, dass die Kleinen schon schlafen, nichts mitbekommen. Sie denken, dass es den Kindern gut geht, solange sie selber nicht direkt von Gewalt betroffen sind.
Leider ist das eine falsche Annahme! Kinder hören, sehen und spüren, was in ihrem Umfeld passiert. Sie leiden, wenn einer Person, die sie lieben, Gewalt angetan wird; und sie leiden, wenn eine Person, die sie lieben, Gewalt ausübt. Sie sind innerlich zerrissen und hilflos. Das darzustellen, war Grundlage für die Gestaltung von Plakaten, Flyern und weiterem Grafikmaterial.
Plakate als Türöffner
Wie gestaltet man Plakate zu einem schwierigen Thema?
Die bunten Illustrationen von Rosa Linke nehmen fast das ganze Plakat ein und zeigen, wie Kinder Gewalt zu Hause miterleben. Die Motive sind explizit ohne zu verschrecken. Die groß gesetzten Titel-Aussagen stellen einen direkten Bezug zur Erlebniswelt der Kinder her: „Wenn sich meine Eltern anbrüllen, tun meine Ohren weh!“ Damit können sich betroffene Kinder identifizieren und entdecken dabei oft zum ersten Mal, dass sie nicht allein sind mit ihrer Erfahrung. Ein kurzer Text spiegelt ihre Situation, spricht Angst, Wut und Traurigkeit offen an. Vor allem aber eröffnet es den Kindern erste Handlungsräume: „Sprich darüber! Mit Erwachsenen, denen du vertraust!“. Das können Lehrkräfte sein, genauso wie Erzieher:innen oder andere Vertrauenspersonen. „Wir sind für dich da. Wir hören dir zu und helfen dir.“ Die Kontaktdaten zur nächsten Kinderschutz-Einrichtung sind gleich im Feld daneben angegeben. Selbst wenn die Kinder nicht allein zur Beratung gehen können, wissen die Erwachsenen so, wer anzusprechen ist.
Wie wirken die Plakate?
Bilderbücher, Comics, Zeichentrickfilme – die Plakate fügen sich gestalterisch in die Lebenswelt von Kindern ein. Das macht es leicht, überhaupt näher ranzugehen, sich anzugucken, worum es dabei geht.
Die drei Motive stellen unterschiedliche Formen von Gewalt dar. So bieten die Plakate Vertrauenspersonen einen leichten Einsteig ins Gespräch – selbst ohne konkreten Verdacht können sie mit den Kindern auch in der Gruppe darüber sprechen: Was siehst du da? Wie geht es dem Kind auf dem Bild? Hast du auch manchmal Angst?
Design für ergänzende Informationen
Flyer zum Einstecken
Neben der direkten Ansprache der Kinder hat die Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren das Wichtigste für Eltern und Fachkräfte in je einem Flyer zusammengefasst. Die Flyer habe ich so gestaltet, dass die Titelseiten die Motive der Plakate aufnehmen, um einen klaren visuellen Bezug herzustellen. Mit großen Illustrationen und kleinen Designelementen gelingt es, die Situation der Kinder adäquat darzustellen und die gebotene Dringlichkeit zu vermitteln. Gleichzeitig sollen die Eltern nicht weiter unter Druck gesetzt werden – ihre Situation ist sowieso schon schwierig. Dagegen habe ich im Design viel Raum und lichte Farben gesetzt. Zusammen mit den kurzen Texten vermitteln die Flyer den Eindruck: wir sind für dich da, wir helfen dir, es ist ganz leicht!
Die lokalen Kinderschutz-Zentren können sowohl die Plakate als auch die Flyer mit ihren eigenen Kontaktdaten personalisieren, um konkret Hilfe vor Ort anzubieten. So ist eine universell einsetzbare Kampagne entstanden, die deutschlandweit in Kindergärten, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Aufmerksamkeit generiert.